Kürzlich habe ich erfahren, wie dramatisch sich die Frage von Zahnpflege im Altenheim darstellen kann. So habe ich erfahren, das im Falle einer Altenheimbewohnerin, die zunehmend dement wird, seitens des Altenheims den Kindern der Frau telefonisch eindringlich nahe gebracht wurde, der Dame alle Zähne ziehen zu lassen, da die Zahnpflege zu aufwendig werden würde. Dieses wurde, so wurde mir berichtet, mit den Erfahrungswerten begründet, dass die Zahnpflege bei dementen Menschen erfahrungsgemäß zu schwierig werden würde und auch bei der betroffenen Person schon zu erkennen sei, dass sie die Zahnpflege nicht mehr selbst durchführen könne oder unterstützen könne. Die Zähne sind eigentlich gesund, lediglich ein einige Situation mit Zahnersatz bestehe, erfahre ich noch.
Dieser Vergang hat mich sehr sehr bestürzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses wirklich das übliche Vorgehen in Altenheimen ist. Ich habe nicht geprüft, ob das betroffene Altenheim immer so verfährt oder ob es ein Einzelfall ist.
Es ist schon erschreckend, wie menschenverachtend sich Altenpflege darstellen kann. Doch ich denke, dass es sinnvoll sein könnte, auch die Perspektive der Pflege einzunehmen, die wahrscheinlich unter sehr hohem Zeitdruck die Körperpflege bei den Altenheimbewohnern, wozu Zahnpflege gehört, durchführt. Damit soll aber in keinem Fall irgendein Verständis oder gar Zustimmung zu dem vorgeschlagenen Vorgehen des entfernens eines weitgehend gesunden Gebisses ausgedrückt werden.
Zähneputzen ist wichtig zum Schutz vor Zahnschmerzen und Zahnfleischentzündung.
Gerade, wenn kein festes Essen mehr zu sich genommen wird oder nicht mehr ordentlich gekaut wird oder auch nicht mehr so viel getrunken wird, ist die manuelle Entfernung von Plaque mit einer Zahnbürste umso wichtiger.
Im ersten Gedanken fiel mir als Lösungsvorschlag die Elternzahnbürste ein, die normalerweise verwendet wird, um Kindern bis 7 Jahren die Zähne durch die Eltern nachzuputzen. Diese speziellen Zahnbürsten verfügen über einen längeren Griff, der am Ende auch etwas dicker wird sowie einem kurzen Bürstenkopf mit planem Borstenfeld. Diese wären auch in der Altenpflege einsetzbar, ggf eben ohne oder nur wenig Zahnpasta, um Würgreizen vorzubeugen.
Der zweite Gedanke führte mich zu sanften Schallzahnbürsten, deren Vibration in einer sehr engen Amplitude schwingt, damit das Gefühl im Mund bei der dementen Person im Altenheim nicht unangenehm oder ungewohnt kribbelt, trotzdem ein Reinigungseffekt schnell und effektiv erreicht wird. Zu beachten: manche Schallzahnbürsten sind sehr intensiv und gründlich. In der Altenpflege würde ich aber gerade bei Menschen mit Demenz zu den sanfteren, wenn damit auch weniger gründlichen Modelle raten.
Ferner würde ich empfehlen, eine Zahnpasta mit CHX zu verwenden, was die Neubildung von Plaque reduziert oder aber eine Zahnpasta zu verwenden, die den Zahnschmelz glatter werden lässt, so dass sich neue Plaque nicht so schnell wieder anhaften kann. Beides zusammen führt dazu, dass die Zahnpflege aus Sicht der zu pflegenden Personen sanft und nicht zu ungewohnt oder unangenehm ist, für die pflegende Person trotzdem schnell und einfach durchzuführen ist. Schnell genug für die knappen Zeitpläne im Altenheim.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich es nicht für menschenwürdig halte, dass wir als Angehörige oder zukünftige Bewohner über Zeitdruck in der Pflege nachdenken müssen. Doch dieses scheint die Realität zu sein. Anders kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Altenheim vorschlägt einem Menschen alle Zähne zu ziehen, nur um die Zeitpläne einhalten zu können.
Es gibt eine dritte Zahnbürstentechnik, die bei Menschen mit demenziellen Erscheinungen angewendet werden kann. Die sogenannten Ultraschallzahnbürsten sind noch angenehmer im Mund, sodass diese nur noch sanft über Zahnfleisch und Zähne geführt werden müssen, ohne dass eine Vibration ein ungewohntes oder unangenehmes Zahnputzgefühl erzeugt und auch nicht zu viel Schaum im Mund entsteht, der verschluckt werden kann oder zu einem Würgegefühl führen könnte. Doch auch bei den Schallzahnbürsten lässt sich das gut regeln, indem wirklich sehr wenig Zahncreme oder eine sehr wenig schäumende Zahncreme verwendet wird.
Ich denke, dass die Frage der Zahnpflege und der geeigneten Zahnpflegemittel in der Altenpflege, auch bei Demenz, in der Ausbildung von angehenden Altenpflegern und Altenpflegerinnen sicherlich behandelt wird. Doch persönlich habe ich erlebt, dass viele ungelernte Kräfte nur sehr kurz und oberflächlich angelernt werden, sodass wahrscheinlich deshalb aus Kostengründen Vorschläge wie das ziehen aller Zähne entstehen. Aber richtig ist diese Entwicklung – und sei es nur ein Einzelfall – nicht.
Soweit mein erster Diskussionsbeitrag, eine funktionelle praktische Lösung zu finden. Und um es allen Beteiligten – so auch Angehörigen – leichter zu machen, werde ich im næchsten Beitrag ein paar Zahnbürstenmodelle und Zahnpasten nennen, ohne dass dieses Werbung für genau jene Produkte sein soll, sondern nur Vorschläge darstellt, wenn man sich über dieses Thema weiter informieren möchte. Da das Thema Geld neben Zeit auch eine Rolle zu spielen scheint, werde ich auch schauen, dass günstige Zahnbürsten und Zahnpasten vorgeschlagen werden. Eigentlich verwundert es mich jedoch, da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie viel man für Pflege mit der Versicherung zahlt und wie viel noch von den Angehörigen zuzuzahlen ist. Da könnte man annehmen, dass auch eine höherwertigere langlebige Schall- oder Ultraschall Zahnbürste durchaus im Budget sein könnte., bzw. Zeit für die Einweisung in die Anwendung in der Pflege. Aus eigener Erfahrung habe ich jedoch erlebt, dass die Pflegekräfte die von uns zur Verfügung gestellte Schallzahnbürste, an die die zu Pflegenden Personen gewöhnt war, nicht angewendet wurde. Woran das liegen könnte, blieb offen, da in unserem Fall das Pflegeheim damals gewechselt werden konnte. Das scheint in dem Fall, von dem mir berichtet wurde, nicht möglich zu sein, da aktuell wegen der Corona Situation Heimwechsel anscheinend nicht möglich sind. Dieses möchte ich nicht weiter kommentieren, handelt es sich hier doch um einen Zahnpflege Blog und nicht um ein Blog, der die Situation in Altenheimen tiefer durchleuchten soll oder kann. Ich hoffe und nehme an, dass es sich im beschriebenen Fall um einen Einzelfall handelt. Ich bin immer noch bestürzt.